Beispielhaft soll hier ein Einblick in die Behandlung von wahnhaften Gedanken gegeben werden10. Eine Umstrukturierung wahnhafter Überzeugungen kann sehr herausfordernd und langwierig sein. Es fällt leichter, aktuelle Überzeugungen umzustrukturieren, da diese präsenter sind, als bereits zurückliegende, an die sich der Patient evtl. nicht mehr vollständig erinnern kann. Für den Therapeuten bedarf es viel Fingerspitzengefühl und Geduld, und eine tragfähige therapeutische Beziehung sollte inzwischen aufgebaut sein. Wichtig ist, dass der Patient sich ernst genommen fühlt. Vorbereitend für die Umstrukturierung ist es somit hilfreich, wenn der Therapeut dem Patienten verdeutlicht, dass er ihn für intelligent und reflektiert hält – und dies auch selbstverständlich so meint (z.B. „Was Sie mir bisher berichtet haben, spricht dafür, dass Sie ein intelligenter und rational denkender Mensch sind. Sie haben ja auch diverse Prüfungen bestanden und schon lange in Ihrem Beruf gearbeitet“). Im weiteren Verlauf klärt der Therapeut den Patienten darüber auf, dass Denkfehler im Alltag aller Menschen auftreten können, besonders wenn Situationen uneindeutig sind und man selbst gestresst ist (z.B. „Wenn ich unausgeschlafen auf der Arbeit bin und der Kollege mich weniger beachtet, kommt mir eher der Gedanke, dass er mich nicht mag, als wenn ich selbst entspannt und ausgeschlafen bin“). Hierdurch entpathologisiert der Therapeut die paranoiden Interpretationen und zeigt auf, dass der Patient nicht „verrückt“ ist, wenn er zu bestimmten Schlussfolgerungen kommt. Anschließend werden mit dem Patienten Anhaltspunkte für den Wahn eruiert, also Aspekte, an denen der Patient konkret festmacht, dass er z.B. verfolgt, vergiftet oder abgehört wird. Diese Argumente werden schriftlich festgehalten. Im Folgenden werden Mechanismen zur Einstellungsbildung wie der selektive Aufmerksamkeitsbias und das voreilige Schlussfolgern besprochen. Auch hier helfen Beispiele aus dem Alltag, die Beschwerden des Patienten zu entpathologisieren und ihm zu verdeutlichen, dass gedankliche Verzerrungen bei der Meinungsbildung aller Menschen vorkommen können. „Jemand, der beispielsweise immer dieselbe Marke eines Produktes kauft, wird diese weiter kaufen und weniger offen dafür sein, die Marke zu ändern, auch wenn etwas Schlechtes über die Marke bekannt wird. Jemand, der sehr von einer politischen Meinung überzeugt ist, wird seine Meinung vermutlich nicht ändern, auch wenn etwas gegen die Partei spricht.“ Dem Patienten wird anschließend die Erklärung angeboten, dass er möglicherweise in seiner stressigen, belastenden Situation ebenso bestimmten Tatsachen, die für seine paranoide Befürchtung sprachen, mehr Bedeutung zugesprochen hat als tatsächlich bestand, und sich seine Angstgedanken hierdurch nach und nach gefestigt haben.